DLZ - Deutsches Lauftherapiezentrum
In Deutschland war es Prof. Dr. Alexander Weber (*1937), der damit begann, Laufen als Therapie lehr- und lernbar zu machen. Ermutigt durch die eigenen läuferischen Erfahrungen und durch Ergebnisse US-amerikanischer Laufstudien wandte sich der Diplom-Psychologe und Erziehungswissenschaftler der Universität-Gesamthochschule Paderborn gegen Ende der 1970er Jahre der psychologischen Laufforschung zu, befragte VolkslaufteilnehmerInnen und verglich in sogenannten Feldexperimenten laufende mit nicht-laufenden Versuchspersonen unterschiedlicher Provenienz – Studentinnen/Studenten, Hausfrauen, berufstätige Frauen, berufstätige Männer, Senioren, Psychosomatiker, Alkoholiker. In den Ergebnissen fand er weitgehende Übereinstimmung: Die LäuferInnen fühlten sich nach der Laufbehandlung weniger niedergeschlagen und bedrückt, vitaler und leistungsfähiger, im Ganzen gesünder. Sie waren resistenter gegen Stress, weniger häufig krank und in besserer seelischer Verfassung. Für die sportlich Inaktiven ließ sich dergleichen nicht feststellen; erwartungsgemäß blieben ihre Ausgangswerte nahezu unverändert.
Um die gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis nutzbar zu machen, zu verbreiten und weiter zu entwickeln, gründete Weber 1988 zusammen mit Ärzten, Psychologen, Pädagogen und anderen Interessierten das „Zentrum für Lauftherapie (ZfL)“, etwas später in „Deutsches Lauftherapiezentrum (DLZ)“ umbenannt und in Bad Lippspringe/NRW angesiedelt. Zur Vereinsaufgabe wurde bestimmt, die prophylaktischen und therapeutischen Möglichkeiten des Laufens
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allgemein zugänglich zu machen (Durchführung offener Lauftherapiekurse),
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systematisch zu sichten (wissenschaftliche Begleitung der Kurse/Erfolgskontrolle),
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an Angehörige der verschiedenen Heil- und Sozialberufe zu vermitteln (Ausbildung von Lauftherapeutinnen und Lauftherapeuten) sowie
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in Fachkreisen und Öffentlichkeit weiter zu befördern (durch Publikationen, Interviews, Vorträge, Seminare und Workshops).
Während Weber und MitarbeiterInnen bei der Durchführung der Laufkurse – bekannt geworden als „Paderborner Modell der Lauftherapie“ – auf bewährte Vorlagen aus den eigenen Studien zurückgreifen konnten (Laufbehandlungsprogramm, Untersuchungsinventar), war im Blick auf die Ausbildung zur Lauftherapeutin/zum Lauftherapeuten erst (noch) einmal Entwicklungsarbeit zu leisten. Hatte Weber bislang in Vorbereitung seiner Forschungsprojekte einzelne Personen in ihre Kursleitungsaufgaben eingeführt, so suchte er nunmehr nach einem umfassenden und stringenten Ausbildungskonzept. Interessierte sollten jene Kenntnisse, Fähigkeiten, Einsichten und Methoden vermittelt bekommen, die sie zu verantwortlichem lauftherapeutischem Handeln befähigten. Seine Erwartungen an eine solche Ausbildung formulierte er wie folgt: „Weil in der Lauftherapie sowohl körperorientiert als auch personen- und sozialbezogen gearbeitet wird – wobei stets der ganze Mensch in seiner körperlichen und geistigen und emotionalen Gestalt im Blickpunkt sein sollte – müssen Lauftherapeuten hoch qualifiziert sein. Sie müssen nicht nur Fachkenntnisse über Lauftherapiekonzepte und ihre Umsetzung in die Praxis haben, sondern konkretes Wissen ist auch gefordert in den Bereichen wie Ernährung, Trainingslehre, Orthopädie, Physiologie, Anatomie, Hygiene, Erste Hilfe, Physiotherapie, Laufausrüstung, Lauftechnik und -stile, nicht zuletzt in Pädagogik, Psychologie, Psychotherapie und angewandter Gruppendynamik. Und sie sollten selbstverständlich Vorbild und Modell auch in läuferischer Hinsicht sein, Athleten im wohlverstandenen Sinne. Schließlich sollten sie Partner, Freunde und Helfer jener Personen sein, die sich ihnen anvertrauen“ (Weber 1993: 21, nach Schüler 2005: 97).
Nachdem die Ausbildungsrichtlinien bestimmt, die Lehrgebiete präzisiert, ein interdisziplinäres Dozententeam einberufen und die Prüfungsordnung festlegt worden waren, konnte 1991 der erste Ausbildungskurs an den Start gehen. Die Aus- und Weiterbildung ist berufsbegleitend, dauert eineinhalb Jahre, findet gewöhnlich an einem Wochenende im Monat statt und schließt ein einwöchiges Kompaktseminar mit ein. Der Titel „LauftherapeutIn (DLZ)“ wird nach erfolgreich erstellter Hausarbeit auf der Grundlage eines Praxisprojektes und nach absolvierter mündlicher Prüfung verliehen. Zum 20jährigen Bestehen des Deutschen Lauftherapiezentrums im April 2008 lag die Zahl der bis dahin Ausgebildeten (Kurs 1 – 16) – unter ihnen waren auch LäuferInnen aus Österreich und der Schweiz – bei 387.
Die Ausbildung selber hat über die Jahre Weiterentwicklungen erfahren. Nach einem neuerlichen Forschungsprojekt („Systemische Lauftherapie in drei Stufen“) wurde das Curriculum um Bereiche, die eine Verhaltensänderung in Richtung einer (ganzheitlichen) Veränderung des Lebensstils erleichtern sollen, erweitert. Inzwischen wurde die Aus- und Weiterbildung zu einem dreistufigen, modularen System ausgebaut, das Fortbildungen auch zum/zur „LaufgruppenleiterIn (DLZ)“ (5tägiges Kompaktseminar) und zur Laufpädagogin/zum Laufpädagogen (DLZ) (dreivierteljährige Weiterbildung) ermöglicht. Die Ausbildungen sind auf Durchlässigkeit hin angelegt.